Dies ist Teil 3 einer Artikelserie über das Buch "Open - How We'll Work, Live and Learn In The Future" von David Price.


David Price identifiziert ein wichtiges Merkmal, welches innovative und erfolgreiche Unternehmen, Schulen und soziale Gruppen verbindet. Während sie sehr unterschiedliche Ziele und Werte haben, haben sie etwas gemeinsam:

They manage to combine culture, structure, ambience and space to create exceptional learning environments.

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Er nennt dies die Global Learning Commons. Dieser Begriff ist etwas schwierig zu übersetzen. Man könnte es beschreiben als für die Allgemeinheit frei zugängliches Lernen, oder auch Allmende des Lernens.

Eine Bewegung von Allmende des Lernens ist durchaus revolutionär. David betrachtet die Entwicklung anhand der Geschichte des Enclosure Movements in England:

Bis ins 17. Jahrhundert galten die Land- und Forstflächen in England als Allgemeingut, sogenannte Allmende. Die Bauern hatten das Recht, die öffentlichen Flächen zu bewirtschaften. Über die nächsten drei Jahrhunderte wurden diese Allmende aufgelöst und gingen über in Privatbesitz. Argumentiert wurde mit höherer Effizienz der Bewirtschaftung und so nahm eine ganz bestimmte Art von gemeinschaftlichem Leben ein Ende. Diese Entwicklung führte zu einer Verarmung von vielen Kleinbauern, die sich den Erwerb von Land nicht leisten konnten und so auf die bisher allen zur Verfügung stehenden Nutzflächen verzichten mussten.

Getrieben von digitalen Technologien sehen wir heute zum Teil wieder eine Rückkehr zu den alten Werten der gemeinschaftlichen Nutzung. Es ist aber wie zu alten Zeiten auch heute ein Kampf zwischen zwei Gruppen: Die Personen, die an das Allgemeinwohl glauben - man nimmt, was man gerade benötigt und trägt seine Arbeit und Ressourcen bei, ohne eine direkte Gegenleistung zu erwarten. Auf der anderen Seite stehen die Personen, die an die Kommerzialisierung und Privatbesitz glauben, damit Produktion und Profit maximiert werden können.

In letzter Zeit hat es vermehrt soziale Bewegungen gegeben, die das Konzept von öffentlich zugänglichen Gütern wieder vermehrt verankern wollen. Es gibt solche Bewegungen im Bereich von Information, Wirtschaft, Umwelt, Essen, Kultur, Politik, Gesundheit und Wissenschaft. Was bis vor kurzem jedoch noch gefehlt hat, so schreibt Price, ist der ganze Bereich der Bildung. Der wahrscheinlich bekannteste Vorstoss im Bereich der Bildung sind die Creative Commons Lizenzen. Diese Lizenzen haben viele Autoren, Künstler und immer mehr auch Lehrer überzeugt, ihre Werke der Allgemeineit zur Verfügung zu stellen. Übrigens sind auch die Inhalte von diesem Blog unter einer Creative Commons Lizenzen veröffentlicht (siehe unten an der Seite).

Price will mit den Global Learning Commons aber noch einen Schritt weiter gehen, als die veröffentlichung von Werken unter einer offenen Lizenz. Ihm geht es um eine Lernkultur: Die Beziehungen, inspirierende Lernumgebungen, eine Kultur, wie Wissen untereinander weiter gegeben werden kann, usw. Er spricht von einem Ökosystem von Lernen:

the 'ecology' of learning: the relationships we have with each other; the creation of an hosipitable habitat for learning; how we cultivate the evolution of learning in communal, social environments, to transfer it successfully to others, establishing a set of commonly-agreed principles which will make learning inclusive and innovative.

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Von den drei Bereichen, wo Lernen stattfindet - der Arbeit, der Schule und in der Gesellschaft - sehen wir die radikalste Veränderung ausserhalb der formellen Institutionen. Die Arbeit und die Schule jedoch bleiben nach wie vor in einem abgeschotteten Bereich, wo das Lernen in "Fächer" aufgeteilt und die Lernenden zu "Produktionseinheiten" werden, so Price.

the formal learning environment doesn't cope very well with both passionate educators or learners.

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Prinzipien der Allmende des Lernens

The Global Learning Commons recognises that a leader's responsibility is to create the fertile conditions that support learners in their growth, but to accept that, however frustrating it might be for those who are accountable for results, learning is ultimately an act of self-determination.

Seite 86 f.

David Price beschreibt sechs Prinzipien, die die Allmende des Lernens Charakterisieren (S. 87 ff.):

  1. Niemand kann zum Lernen "gezwungen" werden: Damit das Wissen sich im Gedächtnis verankert, braucht es den Willen des Lernenden.

  2. Wir können Lernende nicht motivieren zu lernen: Lehrer können höchstens sich selber motivieren. Aber ein erfolgreicher Lehrer schafft es, den Lernenden die Relevanz aufzuzeigen, was bei den Lernenden eine Selbstmotivation auslösen kann.

  3. Sich aktiv auf etwas einlassen ist die Voraussetzung für Lernen.

  4. Wenn es um Lernen geht, dann ist das informelle dem formellen immer überlegen: Es scheint Einigkeit unter Wissenschaftlern zu geben, dass es ein ungefähres Verhältnis von 70:20:10 gibt: 70 Prozent des Lernens wird während der Arbeit durch Erfahrung angeeignet; 20 Prozent wird durch Coaching oder Mentoring angeeignet; 10 Prozent wird durch formelle, strukturierte Kurse angeeignet.

  5. Informationen wiedergeben ist nicht das Gleiche wie Wissen.

  6. Die Lernkapazität eines Lernenden ändert sich ständig und wird beeinflusst durch eine Reihe von persönlichen Selbstwahrnehmungen: Es ist entscheidend, wie wir über unsere eigene Lernfähigkeit denken.

The industrial model of learning — be it in the college or the corporation — not only creates enclosures, it promotes isolation and risk-aversion. The Global Learning Commons matters because it restores learning to its original function: as a public act, collaboratively undertaken for civic empowerment and improvement.

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→ Lies weiter im Teil 4: Arbeit.